Heute Nachmittag war ich in der Innenstadt von Darmstadt, um ein paar Besorgungen zu machen. Wie immer fahre ich mit dem Rad über die Spreestraße in die Albert-Schweitzer-Anlage. Als ich an der Hindenburgstraße ankomme, bemerke ich, dass dort eine Baustelle eingerichtet ist, die ein paar Tage zuvor noch nicht da war. Mir war auch nicht bekannt, ob die Straße ähnlich wie einige andere in Darmstadt in den Ferien erneuert werden sollte. Tatsächlich war die Ampelanlage, die im Regelfall den Fußgängern eine Querung des 15 Meter breiten Fahrbahnprofils bieten soll, ausgefallen. Es waren mehrere Arbeiter und Fahrzeuge im Einsatz und ich umkurvte die Baustelle.
So weit, so banal. Auf dem Rückweg war zwischenzeitlich Feierabend und offensichtlich hatte es die Kolonne nicht geschafft, die Anlage vorher wieder in Betrieb zu nehmen. Ob sie vielleicht tatsächlich wieder funktionstüchtig war, aber ein bürokratisches Hindernis wie eine gesonderte behördliche Abnahme nötig ist oder Ersatzteile nicht verfügbar waren, soll an der Stelle nicht interessieren.
Meine Aufmerksamkeit war eher auf die Tatsache gelenkt, dass ich im Feierabendverkehr noch nie so schnell und einfach von der einen zur anderen Straßenseite wechseln konnte wie heute. Doch warum war das so?
Als behelfsmäßige Querungshilfe waren Baustellenabsperrungen um die Fußgängerfurt aufgebaut und die vierstreifige Straße auf einen Fahrstreifen pro Richtung verengt. Kraftfahrer mussten sich also einer nach dem anderen einreihen und zusätzlich war ein Tempolimit von 30 km/h beschildert worden. So entstand quasi eine Mittelinsel ohne zugleich eine Behinderung für Fußgänger und Radfahrer zu sein. Im Regelfall sind Inseln so ausgestaltet, dass man eine kleine Bordsteinkante überwinden und noch Ampel- und Schildermasten umkurven muss. Nichts in dieser Art heute: kein Drücken der Bedarfsampel und beim Warten im Sattel balancieren. Für die erste Etappe ein Blick nach links und in die Mitte; dann ein kurzer Blick nach rechts und weiter. Kein Auto musste großartig langsamer werden, niemand hat versucht noch bei Gelb drüber zu rauschen. Keiner musste wieder auf Grün warten, was passiert, wenn nur wenige Fußgänger die Straße queren. Und das alles aus einer improvisierten Lösung heraus.
Manchmal kann Verkehrsberuhigung so unaufgeregt und wirkungsvoll sein, dass sich keiner der Akteure bewusst ist, was er da eigentlich gerade geschaffen hat. Morgen, spätestens in ein paar Tagen darf dann wieder in beide Richtungen gerast werden und alle ohne Motor müssen an der Ampel ihren Bedarf anmelden. Quasi einen Antrag stellen, auch mal rüber zu dürfen.