Ernstfall Kultur: Atomschutzbunker unter dem Karolinenplatz

Seit Samstag steht für etwas mehr als eine Woche ein Relikt des kalten Krieges in Darmstadt für jeden offen. Der Kulturverein das blumen e. V. ermöglicht zusammen mit der städtischen HEAG-Holding einen Atomschutzbunker mitten in der Stadt zu erkunden. Genauer liegt die Einrichtung unter dem Karolinenplatz, etwas versteckt als Anhängsel einer normal benutzten Tiefgarage.

Ich habe die Anlage bisher Sonntag und Montag besucht und konnte auch an einer Führung teilnehmen. Der Bunker aus den 1960er- bis 1970er-Jahren sollte knapp 2000 Menschen im Dreischichtbetrieb im Falle eines atomaren Angriffes Schutz bieten. Schichtbetrieb bedeutet in diesem Zusammenhang, dass immer nur ein Teil der Schutzsuchenden einen Schlafplatz hat, während die anderen stehen oder sitzen müssen.

Der Einstieg erfolgt über Treppen. An Barrierefreiheit dachte man nicht.

Einstieg

Der Komplex verfügt über eine autarke Stromversorgung. Im Netzersatzraum können Dieselaggregate Strom erzeugen. Außerdem gibt es einen Brunnen und eine Belüftungsanlage. Es war ein begrenzter Vorrat an Nahrungsmittel eingelagert, eine wirkliche Küche gibt es nicht. Vermutlich sollten sich die Menschen aus Konservendosen ernähren.

Schaltbild

#Bunkerselfie:

Bunkerselfie

Zwischenspeicher für Wasser:

Zwischenspeicher_fuer_Wasser

Im Bunker konnten sich der Bunkerwart und das restliche Personal über Telefone verständigen. Sie funktionieren heute noch mit Kurbel.

internes_Telefon

Die Schlafgelegenheiten sollten als Einheiten mit je drei Etagen mit zwei Liegen pro Etage in einem gesonderten Teil der Tiefgarage aufgebaut werden. Da die Tiefgarage im Moment normal genutzt wird, haben die Helfer von das blumen die Betten ausnahmsweise auf dem Karolinenplatz aufgestellt. So dienen sie in der Öffnungswoche als Blickfang und man kann in der Sonne darauf Probe liegen. Die Kinder nehmen die Klettergelegenheit gerne an, die Erwachsen entspannen sich.

Draußen aufgestellt mit etwa einem Meter Abstand, dem Augusthimmel über einem und wenigen Menschen nebeneinander ergibt sich ein ganz anderer Eindruck als er sich im Bunker einstellen würde: Dort stünden die Reihen deutlich enger, man hätte 65 Zentimeter Durchgang und 75 Zentimeter dicke Stahlbetondecken über sich.

Betten

Waschbecken, Toiletten und Duschen sind auch noch erhalten.

Waschbecken

Die Toiletten scheinen nie benutzt worden zu sein, da die Kabinenwände noch unverziert sind.

Toilette

das blumen will als Kulturverein nicht nur diese sonst verschlossene Anlage zeigen, sondern sie auch unter dem Motto Ernstfall Kultur bespielen. Es stellt sich so ein heftiger Kontrast zwischen der zum Glück längst vergangenen Zeit der atomaren Bedrohung, hervorgerufen durch den Wettkampf zweier verschiedener ideologischer Gesellschaftsvorstellungen, und der friedlicheren Zeit heute ein. Auf dem Programm stehen unter anderem eine Autorenlesung, Performancekunst, eine Vernissage, eine Diskoparty, die Präsentation von Masterarbeiten von Studierenden der Hochschule Darmstadt und ein allgemeiner Cafébetrieb. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

Zurück an die Oberfläche:

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