Leben schenken

Heute habe ich zum zehnten Mal an der Blutspende teilgenommen. Mir war bis zur Anmeldung gar nicht bewusst, dass es die zweite Ehrung ist, weil ich meinen Blutspendeausweis verlegt habe und zu faul war, ihn zu suchen. Die erste kleine Ehrung bekommt man bei der dritten Spende. Das letzte Mal war wohl vor ein paar Jahren, jedenfalls war ich noch nie in Darmstadt zur Spende. Als ich mit dem Blutspenden angefangen habe, habe ich noch bei meinen Eltern gewohnt und nach dem Umzug nach Darmstadt ist es einfach in Vergessenheit geraten.

Ehrennadel

Ich spende beim Deutschen Roten Kreuz. Dort bekommt man in der Regel Getränke, einen Imbiss und gelegentlich ein kleines Geschenk. Weil der Termin vom AStA organisiert war, fand er im Vortragssaal der Universitäts- und Landesbibliothek statt. Dies hatte den Vorteil, dass die Studierenden keine weiten Wege zurücklegen mussten und in den Genuss einer klimatisierten Räumlichkeit bei der Entnahme kamen. Das ist bei den derzeitigen Temperaturen jenseits der 30 °C nicht zu unterschätzen. Als Dankeschön gab es einen Gutschein für ein Essen in der Mensa, ein paar Süßigkeiten und ein Werkzeugset fürs Fahrrad.

Vor der Entnahme musste man zunächst meinen Namen in der Datenbank finden, weil ich wie gesagt meinen Spenderausweis nicht zur Hand hatte. Mit mittlerweile geänderter Anschrift und Umlaut im Namen war dies für den Helfer gar nicht so einfach, hat dann aber doch geklappt. Früher gab es einen recht sperrigen gelben Ausweis aus Papier, in den die vergangen Spendertermine per Aufkleber eingetragen wurden. Mittlerweile kann man sich für einen neuen Ausweis im Format ID-1 (ISO/IEC 7810) entscheiden. Ich habe dies gerne angenommen, weil ich die Karte so in Zukunft besser im Geldbeutel transportieren kann und dann griffbereit habe, wenn ich wieder mal zur Spende gehe oder man in einem medizinischen Notfall meine Blutgruppe benötigt.

Nach einem Fragebogen und einem kurzen Gespräch mit einem Arzt geht es dann zur eigentliche Blutentnahme. Man liegt dabei, bekommt eine Hohlnadel in die Armbeuge und kann dann ca. fünf bis sieben Minuten warten, bis der halbe Liter Blut abgeflossen ist. Für einen besseren Fluss kann man einen Gummiball in der Hand kneten. Wenn genügend Blut im Beutel gesammelt ist, ertönt ein Jingle und man bleibt noch eine Weile liegen.

Anschließend wurde mir die sogenannte Ehrennadel in Gold verliehen. Dieser Gamification-Ansatz soll wohl dazu dienen, Menschen zur regelmäßigen Spende zu bewegen. Mir ist dabei ein bisschen mulmig zu Mute, weil die Ehrennadel ein staatlich anerkannter Orden ist und auch im militärischen Kontext Verwendung findet. Ehre bildet in einem naiven ethischen Konzept mit Schande ein Wertepaar und fördert sozialen Zwang („Seht her, was ich für ein guter Mensch bin!“). Diese Motive sind mir wirklich fremd und es geht mir bei der Spende nur darum, anderen Menschen bei medizinischen Behandlungen Medikamente zu Verfügung zu stellen, die bisher nicht synthetisiert werden können. Es geht mir auch nicht darum, Geld zu verdienen, wie dies in geringem Maße als Aufwandsentschädigung bei privaten Blutsendediensten der Fall ist.

Darmstadt kocht!

Vergangenen Donnerstag habe ich bei Darmstadt kocht! mitgemacht.

Darmstadt kocht!

Die Veranstaltung ist ein „Drei-Gänge-Menü in drei verschiedenen Küchen mit anschließender Abschlussparty“ im Schlosskeller.

Nach der Anmeldung bekommt man einen Kochpartner oder Kochpartnerin und einen der drei Gänge zugelost. Man kennt die Leute, mit denen man den Abend verbringen wird, in der Regel nicht. Wir hatten nur Kontaktdaten und jeweils Anschriften, an denen wir uns zu den festgelegten Zeiten zum Essen treffen sollten. Los ging es bei mir zu Hause um 18:00 Uhr. Ich habe mich mit meiner Kochpartnerin zuvor an einem Supermarkt verabredet und so konnten wir gemütlich einkaufen. Uns fiel die Rolle des Aperitif und der Vorspeise zu.

Meine Partnerin hat Hugo vorgeschlagen und so haben wir dann frische Minze, Holunderblütensirup und Sekt für unsere Gäste gekauft. Ich hatte die Idee, eine Suppe aus saisonalen Zutaten zu machen. Wir haben eine Steckrübe und einen etwas zu großen Hokkaido-Kürbis mit Suppengrün, Kokosmilch und Sahne zu einer herzhaften Suppe verkocht, die unseren vier Gästen ein warmes Willkommen an diesem Novbembertag bereiten sollte.

Suppe

Als ich Punkt 18:00 Uhr den Pürierstab zur Seite legte, klingelte es auch schon und das Essen konnte beginnen. Es entstanden tolle Gespräche mit Menschen, die man gerade erst getroffen hatte. Nach einer Weile trennten sich unsere Wege vorerst, da jedes zweier-Team zu einer anderen Location weiter ging. So fanden wir uns beide nach einer kurzen Strecke mit dem Rad in einer anderen Wohnung zum Hauptgang ein.

Da ich den Abend wirklich mit allen Sinnen genießen wollte und konnte, habe ich mit dem Fotografieren zurück gehalten. Es wurde für uns und nicht für Instagram gekocht und so bekamen wir einen asiatischen Kichererbseneintopf mit Joghurt und frischem Fladenbrot, das unsere Gastgeberinnen bei eines örtlichen türkischen Bäckerei gekauft hatten.

Dann hieß es wieder Aufbrechen und wir radelten ins Martinsviertel. Dieser Darmstädter Stadteil wird von Gründerzeitwohnungen und wunderschönem Kopfsteinpflaster geprägt und ist eine sehr begehrte Wohnlage für junge Familien und Studierende.

Nachtisch

Dort gab es eine unbeschreiblich leckere Schokoladen-Soufflé mit zähflüssiger Füllung, zweierlei Sorten Eis und einer Garnitur aus Blasenkirschen (Physalis) und Puderzucker. Man wollte den Teller ablecken und noch einen, aber das war leider so nicht geplant.

Nach und nach kam noch eine zweite Gruppe von sechs Leuten auf ein Getränk zu uns in die Wohnung und so trafen wir einige Gesichter aus den anderen Gängen wieder. Es wurde viel gelacht und von den Gängen berichtet, da ja jede Zweiergruppe jeweils woanders unterwegs war.

Zu guter Letzt waren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Schlosskeller eingeladen und so feierten wir noch einige Stunden in die Nacht. Darmstadt kocht war einer der schönsten Abende, die ich in meiner Universitätsstadt bisher erlebt habe. Danke für die bescheidenen Organisatoren, die weder Ruhm noch Geld für diese Leistung von uns verlangt haben!

Studierende der Hochschule Darmstadt haben die Veranstaltung mit einem Video begleitet.

The New York Aquarium

Am 5. September haben wir das New York Aquarium auf Coney Island besucht. Der Wasserzoo beherbergt verschiedenste Tierarten, darunter Fische, Korallen, Pinguine und Robben unteschiedlicher Größe.

Nach dem Eingang, geht man zunächst an fish tanks vorbei und sieht Fische wie diese:

Direkt daneben gibt es Piranhas. Ihr Ruf ist bekanntermaßen eher schlecht. Die Legende neben der Scheibe greift die alte Geschichte von Alexander von Humboldt auf, nach der sie größere Säugetiere mal eben abnagen würden.

Korallen sind zwar auch Teil der einzelnen Arrangements, die Tiere sind daneben nochmal in Reih’ und Glied unter klarem Wasser aufgebaut.

Korallen

Von dort tritt man ins Freie und kann die Außengehege der größeren Tiere besuchen. Einige Teile des Zoos wurden durch Hurrikan Sandy vor zwei Jahren stark beschädigt und befinden sich im Wiederaufbau. Hier erkennt man beispielsweise eine Betonpumpe im Hintergrund.

Pinguine im New York Aquarium

Es gibt zwischen 16 und 19 Pinguinspezies und die meisten leben außerhalb der Antarktis. Im Vordergrund warten afrikanische Pinguine auf ihr Futter. Sie stammen von den Penguin Islands vor Namibia. Das Klima dort ist mit dem auf Coney Island vergleichbar, weswegen sie das ganze Jahr über draußen leben. Während der Fütterung gesellten sich ein paar wilde Vögel hinzu, die erst Ruhe geben, wenn sie auch einen kleinen Fisch bekommen haben. Sie haben sich auf das zusätzliche Nahrungsangebot bestens eingestellt, ohne ihre Freiheit aufzugeben und erinnern mich an Hauskatzen, die sich von den Menschen zwar nichts sagen lassen, ihr Futter aber gerne mitnehmen.

Pinguine im New York Aquarium

Neben den Pinguinen leben verschiedene Robbenarten im New York Aquarium. Um leichter zu erkennen, wen man vor sich hat, gibt es praktische Erklärungen, wie man beispielsweise Seehunde und -löwen unterscheiden kann.

Seehund oder Seelöwe

Das Walross hinterm Zaun…

Großsrobbe hinter Zaun

…war eher kamerascheu.

Großrobbe hinter Zaun

Allerdings kann man es auch auf einem Bild an der Wand ganz gut sehen.

Walross im New York Aquarium

Insgesamt sehen sich Zoos und Vorführungen mit Tieren in der Gegenwart einem stärken Rechtfertigungsdruck als früher ausgesetzt. Auf der einen Seite leisten sie einen Beitrag, Tierarten zu erhalten, die anderswo durch menschlichen Einfluss zurück gedrängt werden. Genauso wird ins Feld geführt, dass man so Tiere beobachten könne, die man in der Wildnis eher nicht so leicht aufspüren könnte beziehungsweise dort noch mehr Schaden anrichten würde.

Schild

Im New York Aquarium gibt es einerseits möglichst naturnahe Umgebungen für die Tiere, andererseits werden auch Seelöwen für Kunststücke trainiert, wie mein nächstes Video zeigt:

Ob hier Tiere ausgebeutet werden oder sich wie Hunde eher an der Rolle als „bester Freund des Menschen“ erfreuen, lässt sich so einfach nicht sagen.

Zum Abschluss der Blick von der Dachterasse auf Coney Island.

Coney Island

Serie: New York City

Wie schon am 23. August 2014 und durch mein neues Hintergrundbild angedeutet, habe ich eine Weile in New York City verbracht.

Meine Brüder verstreuen sich im Moment immer weiter im Lande und auch die erweiterte Familie mit Oma, Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen trifft sich nicht mehr so regelmäßig wie früher. Auch viele Freunde sehe ich nicht mehr so häufig und die Bilder gehen raus an euch alle, die gerne vereisen (würden).

Zusammen mit meiner Freundin bin ich am 23. August morgens von Frankfurt am Main mit Zwischenlandung in Madrid nach New York City (John-F-Kennedy-Flughafen) geflogen und dort in den Abendstunden angekommen.

Los gings mit einer kleineren Maschine aus der A320-Familie der spanischen Gesellschaft Iberia. Der Flug war wesentlich günstiger als eine direkte Verbindung, weswegen wir die etwas längere Zeit und den Umstieg in Madrid gewählt haben.

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Der Innenraum einer A320 ist in dieser engen Bestuhlungsvariante ein wenig zu klein für meine Körpergröße, aber nach gut zweieinhalb Stunden ist die Sache überstanden.

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Der Flughafen Madrid-Barajas bietet einen recht einheitlichen Ausblick auf die von der Sonne gezeichnete Landschaft.

Madrid-Barajas

Weiter gings in einer moderneren A340-600, deren Kabine deutlich großzügiger gestaltet ist. Mit dem eingebauten Entertainment-System kann man die Stunden gut mit aktuellen Filmen und Serien verbringen oder mit anderen Passagieren im LAN Schiffe versenken spielen.

Gut versorgt und pünktlich sind wir schließlich am JFK gelandet. Dort standen wir eine Weile an, bis wir unsere Fingerabdrücke elektronisch abgeben mussten.

Weitere Eindrücke folgen.

Still not ♥ing leerstand. raven mit dem blauen block

Seit einiger Zeit verfolge ich nun schon das Blog Verbietet das Bauen.

Gestern Abend war ich in Frankfurt am Main auf einem Rave unterwegs. Die Initiative communal west führte uns mit einer Mischung aus Party und Demonstration durch das nächtliche Frankfurt. Die Aktivistinnen und Aktivisten hatten blaue Luftballons mit blinkender Beleuchtung vorbereitet und so konnten wir als blauer Block durch die Viertel Gallus, Westend und Bockenheim ziehen.

Blauer Block

Weil mein Handy nicht die besten Bilder schießt und manche Aktivistinnen und Aktivisten recht kamerascheu sind, beschränken wir uns auf ein paar Aufnahmen im Hintergrund, um die geniale Stimmung ein wenig einzufangen.

Es konnte auf dem Zug eindrucksvoll gezeigt werden, welches kreative Potential in den alternativen Stadtteilzentren möglich wäre, wenn die zahlreichen Leerstände trotz oder wegen der hohen Mieten eine sinnvolle Verwendung finden könnten.

Kleiner Schritt, großer Sprung

Turm

Mein jüngster Bruder war für ein paar Tage zu Besuch in Darmstadt. Leider war das Wetter nicht besonders gut, wir hatten immer wieder Regenschauer. Trotzdem haben wir am Donnerstag ein Freibad besucht: Wir waren im Mühltalbad, einer städtischen Badeanstalt in Darmstadt-Eberstadt.

Mühltal-Bad

Das Bad verfügt über ein Z-förmiges Hauptbecken mit acht 50-Meter-Bahnen, einer Rutsche und mehreren Sprungtürme. Außerdem gibt es einen Kinderbereich, den obligatorischen Kiosk und natürlich Duschen und Umkleidekabinen mit Schränken. Das Bad wurde im Jahr 1959 eröffnet und soll in Kürze modernisiert werden.

Das umgebende Gelände hat eine leichte Hanglage, die besonders in den Entwurf eingeflossen ist: Am Kiosk gibt es einen überdachten Aufenthaltsbereich mit breiter Fensterfront, durch die man wie in einem Aquarium die anderen Badegäste beim Schwimmen beobachten kann.

Badfenster

Die dunklen Flecken auf dem Foto sind keine Blätter im sehr klaren Wasser, sondern ein wenig Schmutz an der Scheibe. Wie man außerdem leicht erkennen kann, waren wetterbedingt kaum Gäste anwesend. Mit Personal waren wir an dem Nachmittag etwa 12 bis 15 Personen. Die beiden Bademeister waren ausgesprochen freundlich und entspannt. Einer hat beispielsweise von sich aus zwei Kindern kleine Fußballtore aus dem Lager geholt als er gesehen hat, dass die beiden auf der Wiese kicken.

Wir haben zunächst die 60 Meter lange Rutsche ausprobiert. Diese war aus Plastik und dadurch wie erwartet lahm und schlecht. Wer die Alternativen kennt, weiß aber, dass das nicht überall so sein muss. Beispielsweise stellt eine Firma aus dem osthessischen Rasdorf (Wiegand) die besten Bahnen her, die ich kenne. Diese sind aus Edelstahlabschnitten geschweißt und an den Nähten geschliffen und poliert. Das Material benetzt gut mit Wasser: Dadurch ergibt sich sowohl ein niedriger Reibungskoeffizient als auch ein durchgängiges Erlebnis ohne harte Kanten, die zu Hauptabschürfungen führen können. Am schnellsten sind diese Rutschen übrigens, wenn sie gerade z.B. wegen Gewitterwarnung abgestellt wurden. Dann bleibt nur ein ganz dünner Film auf der Bahn und man wird nicht von dem vielen Wasser, das man vor sich herschiebt, gebremst. Manchmal ist ein Rinnsal besser als ein großer Strom. Aber ich scheife ab…

Uns wurde erlaubt, den hohen Sprungturm nach eigenem Ermessen zu nutzen. Wir sollten natürlich darauf achten, dass immer nur dann gesprungen wird, wenn das Becken frei ist, aber wir durften die Absperrungen an den einzelnen Plattformen selber öffnen und schließen.

Seitenansicht_Turm

Also haben wir uns nach ein paar Sprüngen aus einem und drei Metern auf alle anderen Höhen hochgearbeitet. Ich bin in meinem Leben im Schwimmbad bisher nur aus maxmial fünf Metern ins Becken gesprungen. Meist waren, sofern vorhanden, höhere Türme geschlossen und bei starkem Betrieb wollten sich die Bademeister in anderen Schwimmbädern nicht dazu überreden lassen, die oberen Lagen zu öffnen. Überhaupt beobachte ich, dass in einigen Freibädern die Regeln eher verschärft als gelockert werden. Beispielsweise darf man mancherorts nicht mal mehr parallel einen 1-Meter- und einen 3-Meter-Turm nutzen. Dort wird circa alle 15 Minuten einer geschlossen und der andere geöffnet.

Jedenfalls haben wir uns nach dem Sprung aus fünf Metern auch auf die 7,5 Meter hoch gewagt. Das Gefühl ist schon merkwürdig. Obwohl ich immer ohne Furcht aus drei oder fünf Metern gesprungen bin, hab ich dort kurz gezögert. Allerdings war mir auch klar, dass eigentlich nichts schief gehen kann und bin dann den entscheidenden Schritt gegangen. Mit jeder Wiederholung wurde die Überwindung kleiner. Also haben wir uns schließlich die Königsklasse vorgenommen.

Zehn Meter sind ein tolles Gefühl, wenn man die Angst abgeschüttelt hat. Mein Bruder und ich haben so unsere ersten Sprünge aus dieser Höhe erfolgreich absolviert.

Ein Junge von acht Jahren, der mit seiner Oma im Schwimmbad war, hat uns dabei beobachtet. Er hat von ihr die Erlaubnis bekommen, es auch zu probieren und sich genauso getraut wie wir. Am Ende wars also doch ein Kinderspiel.

Ernstfall Kultur: Atomschutzbunker unter dem Karolinenplatz

Seit Samstag steht für etwas mehr als eine Woche ein Relikt des kalten Krieges in Darmstadt für jeden offen. Der Kulturverein das blumen e. V. ermöglicht zusammen mit der städtischen HEAG-Holding einen Atomschutzbunker mitten in der Stadt zu erkunden. Genauer liegt die Einrichtung unter dem Karolinenplatz, etwas versteckt als Anhängsel einer normal benutzten Tiefgarage.

Ich habe die Anlage bisher Sonntag und Montag besucht und konnte auch an einer Führung teilnehmen. Der Bunker aus den 1960er- bis 1970er-Jahren sollte knapp 2000 Menschen im Dreischichtbetrieb im Falle eines atomaren Angriffes Schutz bieten. Schichtbetrieb bedeutet in diesem Zusammenhang, dass immer nur ein Teil der Schutzsuchenden einen Schlafplatz hat, während die anderen stehen oder sitzen müssen.

Der Einstieg erfolgt über Treppen. An Barrierefreiheit dachte man nicht.

Einstieg

Der Komplex verfügt über eine autarke Stromversorgung. Im Netzersatzraum können Dieselaggregate Strom erzeugen. Außerdem gibt es einen Brunnen und eine Belüftungsanlage. Es war ein begrenzter Vorrat an Nahrungsmittel eingelagert, eine wirkliche Küche gibt es nicht. Vermutlich sollten sich die Menschen aus Konservendosen ernähren.

Schaltbild

#Bunkerselfie:

Bunkerselfie

Zwischenspeicher für Wasser:

Zwischenspeicher_fuer_Wasser

Im Bunker konnten sich der Bunkerwart und das restliche Personal über Telefone verständigen. Sie funktionieren heute noch mit Kurbel.

internes_Telefon

Die Schlafgelegenheiten sollten als Einheiten mit je drei Etagen mit zwei Liegen pro Etage in einem gesonderten Teil der Tiefgarage aufgebaut werden. Da die Tiefgarage im Moment normal genutzt wird, haben die Helfer von das blumen die Betten ausnahmsweise auf dem Karolinenplatz aufgestellt. So dienen sie in der Öffnungswoche als Blickfang und man kann in der Sonne darauf Probe liegen. Die Kinder nehmen die Klettergelegenheit gerne an, die Erwachsen entspannen sich.

Draußen aufgestellt mit etwa einem Meter Abstand, dem Augusthimmel über einem und wenigen Menschen nebeneinander ergibt sich ein ganz anderer Eindruck als er sich im Bunker einstellen würde: Dort stünden die Reihen deutlich enger, man hätte 65 Zentimeter Durchgang und 75 Zentimeter dicke Stahlbetondecken über sich.

Betten

Waschbecken, Toiletten und Duschen sind auch noch erhalten.

Waschbecken

Die Toiletten scheinen nie benutzt worden zu sein, da die Kabinenwände noch unverziert sind.

Toilette

das blumen will als Kulturverein nicht nur diese sonst verschlossene Anlage zeigen, sondern sie auch unter dem Motto Ernstfall Kultur bespielen. Es stellt sich so ein heftiger Kontrast zwischen der zum Glück längst vergangenen Zeit der atomaren Bedrohung, hervorgerufen durch den Wettkampf zweier verschiedener ideologischer Gesellschaftsvorstellungen, und der friedlicheren Zeit heute ein. Auf dem Programm stehen unter anderem eine Autorenlesung, Performancekunst, eine Vernissage, eine Diskoparty, die Präsentation von Masterarbeiten von Studierenden der Hochschule Darmstadt und ein allgemeiner Cafébetrieb. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

Zurück an die Oberfläche:

Ausgang